Schmerzfrei

Damit hatte er nicht gerechnet. Die Kälte, so willkommen, endete fast genauso schmerzhaft, wie sie begonnen hatte. Nur schien der Schmerz diesmal wesentlich realer. Noch ehe er auch nur einen Muskel angespannt hatte, war sich Cian, als er erwachte, unfreiwillig bewusst über jedes noch so kleine Stück Fleisch, jedes Bißchen Haut, das durchtrennt oder durchstoßen wurde.

Über ihm erkannte er den Betthimmel seines Schlafgemachs. Nie war ihm der Anblick derart unwillkommen gewesen. Dabei konnte er sich so gut an das erinnern, was er zwischen – ja, zwischen wann eigentlich? – und jetzt erdacht, erträumt, oder vielleicht in der Anderwelt erlebt hatte. Dort hatte er Flammen auf der Haut gespürt. Und obwohl Feuer für gewöhnlich tötet, hatten diese Flammen nicht verbrannt. Stattdessen hatte er sich an etwas erinnert, das er ebenfalls besser längst vergessen hätte.

Und nun? Nun lag er hier, hörte Stimmen auf dem Gang vor seinem Zimmer und brachte es nicht einmal fertig seine Augen aufzuschlagen.

Seine Gedanken drehten sich, fanden kein Ziel. Er dachte nicht an seine Frau, die seinen Tod sicherlich begrüßt hätte. Dachte nicht an seine Kinder, die um den Vater geweint hätten. Dachte nicht an den Mann, der ihm seinen Wunsch erfüllt hätte. Nicht an Malik und seine Waffen, nicht an die Brüder Valier und ihre Lieferung, nicht an den Schmied Ennis, nicht an den Jungen, dessen hat ihm nun aus der Ferne diesen Schmerz gab, auch wenn der Knabe es wahrscheinlich nicht wusste. Nicht an den Hauptmann und seine Leute, die den Verbrecher wohl längst jagden – und vielleicht sogar schon hatten. Und auch nicht an die Priester, die wohl irgendwo hier im Haus sein mussten und warteten. Auf ihren Einsatz. Ihre Worte, die ihn doch hinübergeleiten sollten.

Einzig an dieses Feuer auf der Haut konnte er länger als einen Augenblick denken und sich darauf konzentrieren.

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