“Das Dunkel ist ein Heimweh nach Licht.” – Carl Ludwig Schleich
Es war zugegeben nicht seine beste Idee, seine Heimat mit viel Geld aber ohne eine Garde zu verlassen. Geld konnte man stehlen. Wachen? Eher schlecht. In der Regel waren sie entweder gut bezahlt oder aus irgendwelchen schleierhaften Gründen loyal genug, um nicht der ersten Geldkatze vor ihrer Nase nachzuhechten.
Anders verhielt es sich allerdings mit Wegelagerern. Die nahmen sich gern Alleinreisender mit dicken Geldbörsen an. Nicht schwer zu erraten. Das hatte er vorher gewusst. Nur abwenden, das hatte er es nicht können. Es fiel schwer sich derart schäbig zu kleiden, dass man nicht auffiel. Außerdem hatten Männer und Frauen, die nichts zu verlieren hatten, eine bemerkenswert gute Nase für andere Menschen, die etwas zu verbergen hatten. Vor allem, wenn es sich bei diesem Etwas um Münzen handelte.
“Ein kleiner Hinweis unter Freunden.” Die Stimme des Anführers troff vor Hohn. “Erstens: Wer ein Schwert hat, der hat auch etwas, das es zu schützen lohnt. Außer seiner mickrigen Haut, Fremder.”
“Graf Alestan von Nebelhav – da ihr schon fragt.”
Der Bandit lachte arrogant. “Oh, na dann. Für einen Grafen verraten ich euch natürlich auch Zweitens: Ein Schwert muss man sich leisten können.”
Ja, daran hatte er sehr wohl gedacht. Aber ohne fühlte er sich nicht sicher, auch wenn er nicht im Traum daran gedacht hätte, es gegen einen Fremden zu heben. Aber es hatte keinen Sinn sich jetzt in die Möglichkeiten einer Klingenwaffe zu verrennen, jetzt, da er sie nicht mehr hielt. Ihm musste etwas anderes einfallen. Und das besser sehr, sehr zügig.
Hinter ihm prüfte einer der vier anderen Männer, ob seine Fesseln noch saßen und er auch wirklich nicht heraus kam. Der Mann schnaufte zufrieden, was sich in die Reihe der schlechten Nachrichten des Tages leider all zu gut hinein wob. Zwei andere saßen an einem Feuer und bereiteten das Essen vor. Nur die einzige Frau unter ihnen sah die ganze Zeit zu ihm. Als wäre sie sich noch unschlüssig über irgendetwas, auf das weder sie noch er seinen Finger so recht legen konnte.
Der Blick des Ersten jedoch ließ Alestan seine Aufmerksamkeit wieder zu ihm ziehen, wobei sein Blick jedoch kurz noch einmal am Feuer vorbei schweifte. Fünf Schalen. Fünf Löffel. Fünf Becher. “Ihr habt nicht vor, ein Lösegeld zu fordern, nicht wahr?”
“Kluger Mann.” Das erste Mal klang soetwas wie Anerkennung in der Stimme des Strauchdiebs mit. Scheinbar schätzte er es, wenn man nicht gleich in blanke, flehende Panik verfiel. Elender Bastard. “Wir wüssten auch gar nicht, von wem wir das fordern sollten. Und was euch selbst angeht… Was ihr bei euch tragt, haben wir. Was außer unnötiger Schwierigkeiten solltet ihr uns also noch geben können?”
“Etwas, das ihr vorher noch nie hattet.”, hörte er sich plötzlich mit unerwarteter Selbstsicherheit sagen.
Der Fremde zog eine Braue hoch. “Ach.” Einen Augenblick später lachte er lauthals. “Und was soll das sein, einsamer Graf?, hm?”
“Eine Chance.”
Stille legte sich über das Lager. Für eine Weile schwiegen sich alle sechs an.
![Syndicate this site using RSS [x]](https://fatebook.eternalevil.com/wp-content/themes/mad-meg/images/rss.png)